Hinein in den Ofen und stundenlang vergessen...
1kg Rindfleisch, Entrecote | ||
Salz | ||
Schwarzer Pfeffer | ||
1tb Bratbutter | ||
Für Die Sauce: | 1 Zwiebel | |
3 Schalotten | ||
2 Sardellenfilets | ||
1dl Burgunder Rotwein | ||
Pfeffer | ||
Für Die Avocadosauce: | 1 Reife Avocado | |
Zitronensaft | ||
3tb Doppelrahm | ||
Salz | ||
Schwarzer Pfeffer | ||
Cayennepfeffer | ||
Aus Der Rubrik von: | Beat Wüthrich Weltwoche 7. Mai 1997 | |
Erfasst von Rene Gagnaux |
Zubereitung:
Beat Wüthrich:
"[...] Voriges Wochenende kam ich bei meinem Vertrauensmetzger (warum
sollte es nur Vertrauensärzte geben?) auf den Rindfleisch-Trip. Er bot
mir Entrecote an, dem ich nicht widerstehen konnte. Das Fleisch war
wunderbar marmoriert, von feinen Fettschichten durchzogen also. Dieses
Qualitätsmerkmal weist ausschliesslich das Fleisch von ungestressten
Tieren auf, die - wie es sich gehört - leicht Fett ansetzen. Zudem
sorgt das Fett mit seinem feinen Nussaroma dafür, dass das Entrecote
saftig und zart bleibt. Entrecote stammt vom Rücken des Rindes, vom
Nierstück, das zwischen der letzten Rippe und der Keule, dem Stotzen,
sitzt.
Beim Einkauf war ich grosszügig, wohl wissend, dass ein üppiges
Stück halt besser gerät als ein kleines. Ein Kilogramm Entrecote nahm
ich für vier Personen mit. Obwohl ich selbst ein kleiner Fleischesser
bin, war der ganze Brocken am Schluss weggeputzt.
Meine ganze Küchenarbeit beschränkte sich auf ein Minimum. Zu Anfang
heizte ich den Backofen auf 80 Grad auf (Ober- und Unterhitze, nicht
Umluft). Inzwischen würzte ich das Fleisch mit Salz und reichlich
schwarzem Pfeffer, gab es in einer Bratpfanne, in der ein guter
Esslöffel Bratbutter vor sich hin schmolz. Auf mittlerem Feuer briet
ich das Stück auf beiden Seiten während jeweils knapp zehn Minuten.
Dann griff ich mir den Braten (heiss!), legte ihn auf den Rost genau in
der Ofenmitte und schob für allfällige Safttropfen ein mit Alufolie
azsgekleidetes Backblech darunter.
Dort bleib das Fleisch drei Stunden lang. Es hätten auch vier Stunden
sein können. Passiert wäre nichts. [...] Die Sauce muss bei dieser
Garmethode heiss sein, weil das Fleisch nicht ungesund feurig-heiss aus
dem Ofen kommt und gegessen wird; Kräuterbutter oder ähnliche kalte
Scharfmacher wären also ungeeignet.
Ich entfernte mehr schlecht als recht mit Küchenpapier die inzwischen
sehr dunklen Bratbutterkrummen aus der Pfanne. Dann schnitt ich eine
Zwiebel und drei Schalotten in grobe Stücke. Die Mischung aus den
beiden Zwiebelgewächsen ist harmonisch mild-scharf. Ich pürierte
Zwiebeln und Schalotten zusammen mit zwei abgetropften Sardellenfilets
aus dem Döschen.
Diese Paste gab ich zum Bratensatz, erhitzte die Pfanne, liess das
Weissliche gelblich werden, löschte mit einem Deziliter Burgunder ab,
rührte mit einem Holzlöffel gut um, schmeckte mit wenig Pfeffer ab.
Die dickliche Sauce schöpfte ich zu den recht dick geschnittenen
Entrecotescheiben.
Als Beilage kam, selbstverständlich, kein Ofengericht in Frage. Es gab
kleine, ungeschälte Frühkartoffeln. Die halbierte ich, briet sie in
Bratbutter an, bestreute sie mit Salz, deckte sie zu, schaltete den
Herd auf Niedrigstufe und rüttelte die Pfanne ab und zu. Dann
entfernte ich den Deckel und briet die Kartöffelchen knusprig.
Zu diesem sehr klassischen Essen tranken wir einen sehr klassischen
Burgunder.
Ãœbrigens: Die Niedergarmethode stammt von Sir Benjamin Thompson,
besser bekannt unter den Namen Graf von Rumford (Rumford-Suppe). Er
soll irgendwann um 1800 eine Lammschulter in den nicht zu heissen Ofen
geschoben haben; nach drei Stunden nahm er das Fleisch heraus und
konstatierte, dass es beinahe noch roh war. Eine Köchin schob es
erneut in den Ofen und vergass es für Stunden. Rumford ass erneut
davon und war geistert: "Ich war erstaunt, ein Fleisch zu kosten, das
so angenehm verschieden von anderem bis dahin Gebratenem war. Es
zerging auf der Zunge und war ungewöhnlich schmackhaft und saftig".
Etwa 180 Jahren nach Rumfords Zufallsentdeckung kam die Methode wieder
in die Küche weniger Köche. Der grosse Unterschied: Das Fleisch wird
vor dem grossen Vergessen angebraten.
Wem die vorgeschlagene Sauce zu bieder vorkommen sollte, Kräuterbutter
zu langweilig erscheint, der kann die Einfachst-Variante eines
Avocadoschaums wählen: Eine reife Avocado schälen, längs halbieren,
den Kern entfernen, das Fruchtfleisch auslösen, mit Zitronensaft
beträufeln und mit drei Esslöffeln Doppelrahm pürieren. Dann, wie im
obigen Rezept beschrieben, den Bratenfond entfetten, erhitzen und das
Avocadopüree dazugeben. Auf keinen Fall kochen, sondern nur warm
werden lassen. Salzen, pfeffern und wenig Cayennepfeffer unterrühren.
Zum Entrecote servieren. [...]"
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