Krautstiel, das schweizerischste aller Gemüse
500g Krautstiele | ||
FÜR DIE BLÄTTER: | 50g Parmesan | |
1tb Paniermehl | ||
Salz | ||
Pfeffer | ||
Butter; für die Form | ||
FÜR DIE STIELE: | 1tb Olivenöl | |
Knoblauch | ||
1 Zweigchen Thymian | ||
1 Zweigchen Rosmarin | ||
Salz | ||
Weisser Pfeffer | ||
DAZU: | 2 Schweinskoteletts | |
NACH EINER RUBRIK VON: | Beat Wüthrich Weltwoche 19/1998 | |
Erfasst von Rene Gagnaux |
Zubereitung:
Beat Wüthrich: [...] ein Gemüse werden Sie weder in Frankreich noch
in Deutschland finden: Krautstiele. Die gibt es in grossen Mengen nur
in Italien und vor allem in der Schweiz. Mit Fug und Recht darf man
Kraustiel als das schweizerischste aller Gemüse bezeichnen. Nur in der
Schweiz hat er den treffendsten aller Namen: Kraut-Stiel. Was
unzweifelhaft seine doppelte Rolle erklärt. Sowohl seine hellen Stiele
als auch sein Kraut können beinahe restlos verwertet werden.
Der Krautstiel, der auch Stiel- oder Rippenmangold heisst (nicht zu
verwechseln mit dem Blattmangold, der beispielsweise für die Bündner
Spezialität Capuns verwendet wird), ist zwar einerseits seit mehr als
4000 Jahren bekannt. Doch im 18. Jahrhundert unserer Zeitrechnung galt
er auf einmal nicht mehr als schick. Unsere Bauern hielten ihm die
Treue. Heute ist der Krautstiel wieder im Kommen.
Sein erdiger Geschmack scheint gefragt zu sein. Die Verkaufszahlen
beweisen das. Während in den Jahren 1981 bis 1985 jährlich rund 2430
Tonnen den Weg auf Märkte und in Kochtöpfe fanden, waren es letztes
Jahr beinahe 3200 Tonnen. Das Hauptanbaugebiet ist übrigens das
bernisch-freiburgische Seeland.
Die beiden schönsten Rezepte für Krautstiel, in Grün und in Weiss,
die also das ganze Gemüse von Kopf bis Fuss beinhalten, habe ich für
Sie zusämmengestellt.
So geht das (für zwei Menschen): Ein Pfund Krautstiele waschen, die
Stiele und die Blätter voneinander trennen. Die Blätter, möglichst
in grossen Stücken gelassen, in einen Topf geben, rasante Hitze unter
geschlossenem Deckel, so zwei Minuten lang, dann in einem Sieb
abtropfen lassen. Ein Stückchen Parmesan reiben, ungefähr fünfzig
Gramm. Das vermische ich mit einem gehäuften Esslöffel Paniermehl.
Das kann notfalls aus dem Päckchen stammen. Lieber ist mir aber ein
altbackenes, stark zerdrücktes, so richtig zusammengetätschtes
Büuerli oder ein Semmeli, das seine besten Tage längst hinter sich
hat. Ich würze die Brotbrösel mit wenig Salz und viel Pfeffer aus der
Mühle, gebe den Parmesan dazu. Eine kleine Auflaufform buttere ich
aus, lege die abgetropften Krautstielblätter hinein, gebe die Mischung
aus Paniermehl und Käse darüber. Dann warte ich. Der auf 200 Grad
vorgeheizte Ofen hat in der Mitte seiner Hitze zwanzig Minuten ein
schönes Plätzchen anzubieten.
Die weissen, modisch gesagt: ecrufarbenen Rippen, die jetzt noch
daliegen, schneide ich längs (nicht quer!) in ein Zentimeter breite
Streifen. Das gibt dann ein Bild von dicken Nudeln. Diese langen
Krautstielstreifen, deren überflüssige Fäden ich behutsam mit einem
Messer entferne (manchmal ist es gar nicht nötig), gebe ich in eine
Bratpfanne, wo mindestens ein Esslöffel voll Olivenöl darauf wartet,
mit den dünnen Stengelchen beglückt zu werden. Eine kleine Ladung
Knoblauch kommt dazu (durchgepresst oder in Scheibchen geschnitten),
ein Zweigchen Thymian und ein Zweigchen Rosmarin. Ich rühre um, als
hätte ich nichts anderes zu tun. Die Krautstiele vermischen sich mit
den Kräutern und dem Salz und dem weissen Pfeffer, der jetzt noch aus
der Mühle dazukommt. Der zu Hilfe genommene Deckel deckt das Gemüse
eine Viertelstunde lang zur Hälfte zu; die Hitze muss geizig klein
bleiben. Sollte plötzlich und unerwartet das Gemüse Wassernot
kriegen, gar anzubrennen drohen, dann gibt es nur eine Hilfe. Ein,
zwei, drei Löffel Wasser dran. Was wiederum eine Nachwürzung
verlangt.
So: Wir holen nun die grossen Blätter aus dem Ofen und die inzwischen
hellgelb gewordenen Stengel aus der Pfanne. Beide richten wir an auf
einem Teller, der ein Schweinskotelett oder gebratene
Lamm-Äusserlichkeiten (Filet, Kotelett) zur Fleisch- und Gemüseschau
macht.
Ich garantiere Ihnen: Diese Kombination aus gratinierten Blättern und
gedünsteten Stielen haben Sie bisher nirgendwo gegessen. Es ist eine
kleine Sensation. Bester Wein dazu: Sauvignon Blanc.
Durchschnittliche Gesamtbewertung: 0.56 Stern(e)
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