Kutteln... (Teil 1 von 2)

   Kutteln



Zubereitung:
Kutteln. Johann Sigismund Elsholtz befindet zu diesem "Bestandteil des
Bauches von Schlachttieren": "Der Magen und die Kaldaunen haben eine
harte und kalte Substanz / welche zu verdawen ein starcker Magen
erfordert wird: ja wan sie schon verdawet / geben sie doch wenig/ und
nicht gut Gebluet. Desswegen sie mit Gewürz im zurichten verbessert
werden müssen." Alfred Walterspiel, der grosse deutsche Koch des 20.
Jahrhunderts, ist weniger zimperlich, wenn er schreibt: "In vielen
Ländern, besonders in den deutschsprachigen, hat man gegen die Tripes,
vielleicht weil man sie Kutteln oder Kaldaunen nennt, ein Vorurteil.
Dieses Vorurteil ist völlig unberechtigt. Natürlich muss man die
Tripes mit der grössten Sorgfalt behandeln, reinigen und in
fliessendes Wasser legen [das nimmt einem heutzutage der Metzger ab].
In Frankreich und in der Schweiz ist diese sorgfältige Behandlung eine
selbstverständliche Voraussetzung. Für Frankreich ist der Tripier
charakteristisch, in dessen Geschäft wir nur die Innereien der Tiere
finden. Seine Spezialität und sein ganzer Stolz ist die
unübertreffliche, saubere Herstellung der Tripes. Die Meinungen zum
Magen der Wiederkäuer scheinen in zwei entgegengesetzte Richtungen zu
tendieren. Aber damit nicht genug, werden in manchen Regionen sogar
Gerichte aus Kutteln von Tieren angeboten, die einen solchen
Wiederkäuermagen gar nicht besitzen, Schweinekutteln zum Beispiel,
worunter alle möglichen Innereien zu verstehen sind, und - wie ich der
Speisenliste eines Banketts entnehme, das 1571 in Paris zu Ehren
Elisabeths von Österreich gegeben wurde - Kabeljaukutteln; die Fischer
des Langüdoc bereiten heute noch eine dortige Spezialität zu, deren
Hauptzutat Thunfischkutteln sind (aber fragen Sie mich bitte nicht,
welche Körperteile des Fischs das sein sollen - ich weiss es nämlich
nicht).

Wird die Definition des Pansens schon so sträflich locker gehandhabt,
wie sieht es dann mit der Geschichte dieses Nahrungsmittels aus? Lassen
wir die Beispiele für sich sprechen.

Sowohl der Nouveau Larousse Gastronomique als auch der Guide Gourmand
de la France aus der Feder Henri Gaults und Christian Millaus finden
nichts dabei, uns diesbezüglich mit dem Text eines Autors namens
Phileas Gilbert aufzuwarten. Literarische Gründe kann das nicht haben;
Gilberts Stil ist schwerfällig und bemüht und lässt das Bestreben
transpirieren, Bildung zur Schau zu stellen, was immer gefährlich ist.
Folglich dürfen wir annehmen, dass sein Text als wichtige
Informationsquelle zitiert wird, auf die der Historiker ungern
verzichten würde. Und was erfahren wir aus diesem Text? Dass Wilhelm
der Eroberer "sich an primitiven [sic] Kutteln delektierte, zu denen er
Saft aus neustrischen [!] Äpfeln trank; die Geschichtsschreibung,
welche gänzlich zu Unrecht solcherlei kleinen Einzelheiten keinerlei
Beachtung schenkt, vergisst zu erwähnen, dass ein Streit um
"gaudebillaux" [so nannte Rabelais die Kutteln] am Anfang des
Zerwürfnisses war, das zwischen Wilhelm und dem französischen König
Philippe I. eintrat - ein Streit, welcher letzteren zu einem Scherz
veranlasste [nicht näher erläutert], auf welchen ersterer mit dem
ebenso berühmten [?] wie bedrohlichen Wort antwortete, er werde
"seinen Kirchgang [?] nach Notre Dame in Paris tun und zehntausend
Hellebarden als Kerzen mitbringen". Und so geschah es, dass im 10.
Jahrhundert ein gastronomischer Streit die Ursache für den
Normanneneinfall war.

Sieht man von kleinlichen Einwendungen ab wie der, dass Wilhelm der
Eroberer eigentlich in England einfiel und nicht südlich der
Normandie, fragt man sich dennoch, wie es möglich ist, dass zwei nicht
übel beleumundete Nachschlagewerke solche gewichtigen Behauptungen
publizieren (von der Kühnheit des Verfassers, sie aufzustellen, ganz
zu schweigen!), ohne einen einzigen Gedanken auf den Umstand zu
verschwenden, dass Wilhelm der Eroberer im Jahre 1087 das Zeitliche
segnete, mit der Erbauung Notre Dames jedoch nicht vor 1163 begonnen
wurde.

Nun, gut. Sehen wir uns die etwas neuere Geschichte an. Da erfahren wir
beispielsweise, dass die Einwohner Portos von allen übrigen
Portugiesen "Kuttelessere" genannt werden, weil Heinrich der Seefahrer,
wie er später hiess, in jüngeren Jahren alles Rindvieh schlachten
liess, um 1415 seine Flotte mit Proviant zu versehen, damit sie sieh an
der Kreuzzügen beteiligen konnte. Für die Bewohner Portos blieben nur
die Eingeweide der geschlachteten Tiere übrig, und deshalb
entwickelten sie eine Leidenschaft für diese Körperteile (das
Gegenteil hätte man eher erwartet). Übrigens segelte Heinrich mit
seiner solcherart verproviantierten Flotte nicht etwa, wie man aufgrund
des Berichts meinen könnte, nach Palästina, sondern nur nach Ceuta in
Marokko, sozusagen gleich um die Ecke, was die ganze Geschichte nicht
unbedingt glaubwürdiger macht.

Weiter: siehe Teil 2.



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