Pinienkerne: Edle Nüsse vom Mittelmeer (Info)

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   von Christian Pocher



Zubereitung:
Ob im Pesto oder als leckere Zutat zu knackigen Salaten und
Gemüsegerichten, Pinienkerne haben seit langem einen festen Platz in
der mediterranen Küche. Auch in Deutschland steigt ihr Konsum stetig.
Extrem aufwendige Ernte- und Verarbeitungsverfahren haben jedoch einen
relativ hohen Preis zur Folge. Seit einiger Zeit drängen verstärkt
billige Pinienkerne aus Asien auf den deutschen Markt. Doch da sie von
einer anderen Kiefernart stammen, enthalten sie mehr Fett und werden
schneller ranzig als die Pinienkerne vom Mittelmeer.

_Piñero: Gefährlicher Job_

Pinienwälder prägen die Landschaft im Süden Europas. Diese
Kiefernart mit ihrer schirmartigen Krone gilt als der charakteristische
Baum des Mittelmeerraums, und er ist von enormer wirtschaftlicher
Bedeutung. Denn er liefert die edlen Pinienkerne.
An der Jahrtausende alten Erntemethode hat sich bis heute wenig
geändert - beispielsweise auch in der Region Kastilien in
Zentralspanien. Noch immer klettern die Erntearbeiter, Piñeros genannt,
von November bis April in die bis zu 35 Meter hohen Bäume, um die
Zapfen von den Ästen zu schlagen. Eine gefährliche Arbeit, bei der es
immer wieder zu schweren Unfällen kommt. Zudem erfordert sie viel
Fachkundigkeit und Geschick, denn auf den Bäumen wachsen bereits die
kleinen Zapfen des nächsten und übernächsten Jahres, die auf keinen
Fall abfallen dürfen.

_Erntemaschinen sind keine Alternative_ Seit einigen Jahren hat auch
die moderne Technik bei der Ernte von Pinienkernen Einzug gehalten.
Auch weil sich nicht mehr genügend Männer finden, die den schlecht
bezahlten Job des Piñero ausüben wollen. Doch die Ernte mit Maschinen
ist problematisch. Die Wurzeln der Bäume können leicht beschädigt
werden und bei zu langem Schütteln wird die Ernte der nächsten Jahre,
also die kleinen unreifen Zapfen, gleich mit vom Baum geholt. In
manchen spanischen Provinzen ist der Einsatz der Technik aus diesem
Grund sogar verboten.

_Spanien: Europas grösster Produzent_

Spanien ist der mit Abstand wichtigste Pinienkernproduzent Westeuropas.
Rund 20.000 Tonnen Pinienkerne werden hier jährlich aus den Zapfen
gewonnen. Das Zentrum der spanischen Pinienkernproduktion ist das Dorf
Pedrajas de San Esteban, knapp 150 Kilometer nordwestlich von Madrid.
Hier werden rund zwei Drittel der spanischen und portugiesischen
Pinienkerne weiter verarbeitet. Nach der Ernte werden sie bis zum
Sommer auf grossen Halden gelagert. In der Sommerhitze werden die
Pinienzapfen ausgebreitet und getrocknet.
So öffnen sich die Zapfen und geben die kleinen Piniennüsse frei.
1 Kilogramm Pinienzapfen liefert nur etwa 40 Gramm Pinienkerne.

_Aufwendige Verarbeitung_ Die harten Schalen der kleinen Piniennüsse
werden mit einer Walze vorsichtig aufgebrochen und mit einem Gebläse
aussortiert. Wie die Zapfen dienen die Schalen im Verarbeitungsgebiet
als billiges Heizmaterial. Anschliessend werden die feinen Häutchen,
die die Pinienkerne umgeben, mit Sägemehl abgeschmirgelt. Dann werden
die Pinienkerne photoelektrisch sortiert. Die
weisslich-elfenbeinfarbenen Kerne sind qualitativ deutlich besser als
die bräunlich gefärbten, die vor allem für die Herstellung von
Kosmetika benutzt werden. Bei der Endkontrolle ist es immer noch
üblich, dass die Arbeiterinnen mit der Hand beschädigte oder dunkle
Pinienkerne aussortieren und so die Qualität des Produktes sichern.

_Keine Kennzeichnungspflicht in Deutschland_ In Deutschland gibt es
keine aussagefähige Kennzeichnung, an der man die Qualität der
Pinienkerne erkennen kann. Es gibt keine Handelsklassen und selbst das
Herkunftsland muss auf den Verpackungen nicht angegeben werden. Für
die Hersteller vom Mittelmeer hat dieser Mangel schwere Konsequenzen.
Seit Mitte der 90er Jahre kämpfen die pinienkernverarbeitenden
Betriebe Europas mit der Konkurrenz aus Asien, die billigere Ware einer
anderen Pinienart verkaufen. Die chinesischen Pinienkerne enthalten nur
höchstens halb soviel Eiweiss und Mineralstoffe wie die aus Spanien.
Pinienkerne aus dem Mittelmeerraum sind besonders mineralstoffreich.
Sie enthalten viele B-Vitamine und über 30 Prozent Eiweiss, der
höchste Wert bei Nüssen überhaupt.

_Gravierende Qualitätsunterschiede_ Pinienkerne aus Asien und vom
Mittelmeer lassen sich auch schon äusserlich gut unterscheiden:
Erkennen kann man den China-Pinienkern an seiner dreieckigen Form und
der braunen Spitze.
Aufgrund seines höheren Fettgehaltes wird er schnell ranzig. Er
schmeckt weniger aromatisch als der Pinienkern aus den
Mittelmeerländern, den man an seiner fast zylindrischen Form erkennt.

Mayte Muñoz Mate, Geschäftsführerin der spanischen Firma "Piñiones
Import Export 97" weiss, dass an der Marketingstrategie etwas geändert
werden muss. "Der Geschmack unserer Pinienkerne in Backwaren oder
anderer Speisen ist viel feiner als zum Beispiel der Geschmack der
China-Pinienkerne", betont sie. "Wir wollen, dass die Leute unser
Produkt aus Kastilien in Zukunft durch neue Herkunftssiegel besser
kennen lernen. Und dass dann auch die Verbraucher aus Deutschland
direkt aus Spanien kaufen und nicht erst über den Umweg Italien. Von
dort aus werden nämlich sehr viele unserer Pinienkerne importiert und
dann weiterverkauft." So könnten mittelfristig auch wieder Spaniens
Betriebe von dem Pinienkernboom profitieren. Seit Mitte der 90er Jahre
vervierfachte sich der Import von Pinienkernen nach Deutschland von
knapp 250 Tonnen im Jahr (1995) auf insgesamt knapp 1.100 Tonnen
(2001). Allerdings kommt die Ware mittlerweile überwiegend aus China
und Pakistan.

_Backen für das Königshaus_ Konditoren wie Raul Arranz aus Pedrajas
backen selbstverständlich mit spanischen Pinienkernen. Sonst würde
die Gefahr bestehen, dass seine zahlreichen Gebäckkreationen sehr
schnell ranzig werden. Und darüber wäre der spanische König sicher
gar nicht erfreut - für ihn kreiert Raul regelmässig bei festlichen
Anlässen die Torten und Plätzchen mit den aromatischen Kernen.

Auch in der herzhaften spanischen Küche haben Pinienkerne ihren Platz.
In der Pfanne geröstet oder frittiert kommt ihr feines Aroma am besten
zur Geltung. Selbstverständlich eignen sich Pinienkerne auch
hervorragend als Zutat für Salate oder vegetarische Gerichte.

Pinienkerne sollten kühl, trocken und dunkel gelagert werden, so
bewahren sie am besten ihren fein-nussigen Geschmack und sind vor
Schimmelbefall geschützt.

_Pinienzucht - Eine Perspektive?_ An der Universität Madrid wird
zurzeit eine Alternative zur mühsamen, traditionellen Pinienkernernte
entwickelt. Ausserdem werden neue Zuchtmethoden ausprobiert. Wie beim
Obstbau seit Jahrtausenden üblich, sollen nun auch Pinienbäume
"veredelt" werden. Dabei werden in geeignete Stämme Aushöhlungen
gebohrt, in die dann Zweige besonders ertragreicher Pinien gesteckt
werden und schliesslich anwachsen. Man bekommt auf diese Weise sehr
viel kleinere "Pinien", was die Ernte erleichtert. Zudem sollen die
neuartigen Bäume früher Früchte tragen als wildwachsende Pinien, die
erst nach 20 Jahren die ersten Zapfen bilden und stark im Ertrag
schwanken. Sven Muttke, Doktorand am forstwissenschaftlichen Institut
der Universität Madrid, ist begeistert von den Vorteilen, die die neue
Zuchtmethode bringt: "Man hat von Anfang an Bäume, die bluehen und
Zapfen produzieren, praktisch auf Bodennähe. Man muss also nicht mehr
hochklettern, sondern kann mit Erntestangen vom Boden aus ernten."
Gerade in trockenen Gebieten Südeuropas, wie etwa Alt-Kastilien in
Zentralspanien, könnte somit der optimierte Pinienanbau langfristig
eine ökonomische Alternative zur konventionellen Landwirtschaft
darstellen. Besonders hier braucht man eine Perspektive, denn in
absehbarer Zeit werden die hohen EU-Subventionen für die
Landwirtschaft in diesen Regionen eingestellt. Auch aufgrund des extrem
hohen Wasserverbrauchs ist dann die konventionelle Landwirtschaft kaum
mehr rentabel.

_Literatur:_

* Lucien F. Trüb Früchte und Nüsse aus aller Welt S. Hirzel, 1999
ISBN 3-7776-0872-6 Preis: 9,90 Euro
* Cornelia Rosales de Molino Spanien - Küchen der Welt Originalrezepte
und Interessantes über Land und Leute Gräfe und Unzer, 2002 ISBN
3-7742-1718-1 Preis: 19,90 Euro _Adresse der Pinienkernfirma:_

* PIÑONES IMPORT-EXPORT #97, S.L.
Las Norias, 7-9 Pedrajas de San Esteban 47430 Valladolid Spanien Tel.
00 34 (9 83) 62 51 20 Fax 00 34 (9 83) 60 54 05 Internet:
http://www.pinonesie.com (auf spanisch und englisch) E-Mail:
pinonesie@interbook.net
http://www.wdr.de/tv/service/kostprobe/inhalt/20030428/b_5.phtml



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