Rustikale Küchenkunst

  



Zubereitung:
Wenn wir eine Vorstellung von alter rustikaler Kochtechnik gewinnen
wollen, müssen wir ein bisschen im Buch der Küchengeschichte
blättern und nachschauen, wie die mittelalterlichen Bauern und
Flussschiffer kochten. In den Museen sind noch nahezu kugelige
vierbeinige Töpfe zu sehen, Grapen genannt, die in die Glut gestellt
wurden. Ein Stück Speck oder Schinken gab man in einen einfachen Teig
von Wasser und Mehl, legte Kräuter herum, wickelte das Ganze in ein
Leinentuch und gab es ins heisse Wasser. So waren Speck oder Schinken
von der Flüssigkeit isoliert und die Nährstoffe konnten nicht
heraustreten.
Das Wasser war auch nachher noch so klar, dass damit abgewaschen werden
konnte.

Aber damit war die Aufgabe des mittelalterlichen Kochtopfes noch lange
nicht erschöpft. Man legte unten im Topf ein Brett über den Speck
oder Schinken, stellte darauf ein hohes Tongeschirr, worin man nun
wiederum gänzlich isoliert Rindfleisch mit Kräutern und wenig
Flüssigkeit garte. Geflügel, Bohnen, Erbsen, Mehlspeisen oder was
sonst noch auf den Tisch kommen sollte, schlug man sorgfältig in
Leinentücher ein und hing sie von oben her in den Grapen. Das Ganze
musste sozusagen freischwebend im Wasser garen. Die Flussschiffer
garten ihre Speisen in einem Metalleimer auf dem Feuer (wie man in
Museen sehen kann, war die Feuerstelle auf den alten Flussschiffen
durch Metallplatten abgesichert). In den Eimer stellten sie einen
passenden, hohen Tonkrug, der in folgender Weise gefüllt war: unten
lag das geschnittene Gemüse, darüber das Fleisch, darüber wiederum
geschnittenes Gemüse, darüber vielleicht eine andere Sorte Gemüse.
Aber so "Durcheinander-Gekochtes" war nicht nach dem Geschmack der
Schiffer, darum isolierten sie das Gemüse im Tonkrug. Sie machten
einen einfachen Teig, rollten ihn aus und legten ihn über das Gemüse;
auf den Teig kamen die geschälten Kartoffeln. Diese wurden wiederum
mit ausgerolltem Teig bedeckt und darauf legte man das Obst mit Zucker
oder Honig für den Nachtisch. Der moderne Etagentopf auf einfachste
und beste Art vorweggenommen.

Nun wird aber niemand mehr nach diesen gewiss interessanten Methoden
kochen wollen. Was aber können wir daraus lernen? Auch wir modernen
Menschen können unser Fleisch, Fisch, Gemüse, Geflügel oder auch die
Mehlspeise isolierend und geschützt garen. Es ist so einfach: wickeln
wir das Kochgut in eine Aluminiumfolie und garen es im kochenden
Wasser.

Die Röstkunst, die Urkunst der Küche, stammt von den Hirten, Fischern
und Jägern. Der Hirte schnitt sich mit dem Messer ein Stück Fleisch
vom Schlachttier, steckte es auf einen Stock und röstete es im offenen
Feuer. Dies ist das in den meisten nordischen Sprachen vorkommende
Steak.

Oder der bewaffnete Jäger spiesste das Fleisch vom erlegten Wild auf
den Speer: das ist unser ursprüngliches Rippenspeer.

Wir müssen uns unsere moderne, so "minutenschnelle und bequeme" Küche
teuer erkaufen. Fischschlächter und Fischportionierer sind neue
Berufe. Sie schneiden Kopf, Flossen, Schwanz und Gräten aus dem ganzen
Fisch heraus und verkaufen uns den Rest, das sogenannte Fischfilet.

Für die alten Spiessröster war das Barbarei. Nur der ganze Fisch im
offenen Feuer geröstet bleibt saftig und behält sein volles Aroma.
Die Gräten begiessen den Fisch von innen, die Haut schützt vor der
Glut und die so wertvollen Kopföle machen das Ganze schmackhaft.
Völker mit einer hochentwickelten Küchenkultur, wie etwa die
Chinesen, bereiten aus den Flossen und Innereien der Fische delikate
Gerichte.

Rösten ist eine Kunst: das Gut muss einer plötzlichen Hitze von 300
bis 350° C ausgesetzt werden. Es muss saisiert werden, wie die Experten
sagen: Die Temperatur im Innern des Fleisches oder Geflügels schnellt
von 5° C auf 65° C empor, es bilden sich Säfte, die in Bewegung
geraten. Das Frischgeröstete oder -gebratene nicht anstechen oder
-schneiden; das Wertvollste, der Saft, könnte in grossem Bogen
herausschiessen. Es muss Zeit haben, sich einige Minuten zu beruhigen.
Dann erst darf tranchiert werden. Je grösser das Röstgut desto
besser! Darum rösteten die Bauern ganze Rinder und Schweine, ganze
Kälber und Hammel. Die mit Mark gefüllten Knochen begiessen das
Fleisch von innen. Darum lassen die Spiessröster den Knochen, das
Filet und auch den Bauchlappen am Roastbeef, schlagen letzteres um das
Ganze, damit die zarten Innenteile geschützt sind.

Beim ausgenommenen Tier entsteht ein Hohlraum, wodurch der Säftestrom
gebremst, wenn nicht gar unterbrochen wird. Darum muss das Geflügel
(auch der Fisch oder anderes) die richtige Füllung bekommen.
Zartes Geflügel, das schnell gar ist, bekommt zarte Fette zur
Füllung, wie Butter oder Gänseschmalz, altes Geflügel benötigt
kräftige Fette, wie Hammel- oder Rindertalg, die im Feuer
widerstandsfähig sind.

Eine bekannte Füllung der rustikalen Spiessröster heisst Godiveau:
Eisgekühltes Fleisch wird mit der Hand gehackt und mit Talg vermischt.
Aber keine Maschine darf das wichtige Gewebe zerstören! Es geht in
der Kochkunst immer wieder darum, Säfte und Aroma während des Garens
zu erhalten, noch besser, das Gericht in den eigenen Säften zu garen.
Dies bezeichnet man schon seit alter Zeit als schmoren und dämpfen.

So machte es die alte Bäuerin: "... am besten ist es, und weit
köstlicher wird auch das Fleisch, wenn man es schon am Abend vorher
über Torffeuer, sei es nun auf einem Dreifuss, oder in ein
Kasserolloch setzt und so die Nacht hindurch langsam dämpfen lässt.
Am Morgen öffnet man den Deckel, sieht nach, wie weit die Brühe schon
eingeschmort ist..." (Joh. Georg Krünitz, Encyklopädie 1788) Die
Moorbauern rösten das Fleisch im offenen Torffeuer von allen Seiten
an, damit die Poren sich schliessen, wickeln dünne Speckscheiben
herum, legen es von unten und oben in ein Bett von saftreichem Gemüse.
Das Geschirr wird mit einem Deckel und dieser wiederum mit einem Teig
von Wasser und Mehl fest verschlossen, in die Torfglut gestellt und
auch von oben mit Torf bedeckt, damit die Hitze von allen Seiten
einwirken kann. Bemerkenswert ist, dass das ursprüngliche
Schmorgeschirr stets aus gebranntem Ton besteht. Es ist auch bis heute
das beste, weil es porös ist und doch eine geringe, notwendige
Dampfdurchlässigkeit hat.

: Quelle : Die rustikale Küche ERV-Verlag
: Erfasst : 18.01.02 von Guy B



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