Aalspiesschen zu Sankt Vinzenz

  1.5kg Aale
  100ml Essig
  2tb Öl
  4 Orangen
  3 Zitronen
  0.5 Granatapfel
  1 Zweig Rosmarin
  20 Frische Lorbeerblätter
   Salz
   Kardamom
   Ingwer
 
Gewürzmischung: 0.25ts Pfeffer; gemahlen
  0.25ts Nelken; gemahlen
  0.25ts Zimt; gemahlen
  0.25ts Ingwer; gemahlen
 
Nach Einer Novelle von:  Gentile Sermini und einer Erzählung von
   Odile Redon, Francoise Sabban, Silvano Serventi
   Erfasst von Rene Gagnaux



Zubereitung:
Zuerst das Rezept: Lassen Sie den Aal von Ihrem Fischhändler
ausnehmen, sorgfältig häuten und in Stücke schneiden. Die Aalstücke
auf Spiesschen stecken, dazwischen Lorbeerblätter. Eine Mischung aus
Essig, Öl und der Gewürzmischung vorbereiten und in ein Gefäss
giessen, in das man den Rosmarinzweig taucht.

Die Spiesschen in etwas Entfernung von der Glut rösten und häufig mit
der obigen Mischung mit Hilfe des Rosmarinzweigs überträufeln.
Das Garen gut überwachen, damit der Aal nicht zerfällt.

Wenn der Aal gar ist, die Stücke in einem tiefen Teller verteilen und
den Saft der Orangen, Zitronen und Granatapfel dareuebergiessen, mit
gemahlenem Ingwer und Kardamom überstreuen. Warm halten und lauwarm
servieren.

Und nun die Geschichte... Ser Meoccio war Pfarrer von Pernina, einer
Kirche der Montagnola, nahe Siena. Mehr als alles andere liebte er eine
gute Mahlzeit und liess sich von seinen Pfarrkindern beschenken.
Ser Meoccio bestand besonders auf der Wichtigkeit solcher Gaben, die
für den Heiligen des Namenstages abgegeben wurden. Die
leichtgläubigen Bäuerinnen schmückten also den Altar der Kirche mit
allem, was ihr Garten, ihr Hühnerhof und ihre Herden hergaben.

In jenem Jahr fiel Sankt Vinzenz (22. Januar) auf einen Freitag; ein
Mann namens Vinzenz kaufte also für den Pfarrer einen schönen Aal von
10 Pfund (3.3 kg) und trug ihn ins Pfarrhaus, aber er kam zu spät, der
Pfarrer war schon gegangen, um die Messe zu zelebrieren.
Dessen ratloser Koch ging zur Kirche und zog im Portal stehend die
Aufmerksamkeit des Priesters auf sich, indem er heftig gestikulierend
den Aal zeigte. Der Pfarrer verstand; er war aber gerade dabei, von den
Wundern und dem Martyrium des Heiligen Vinzenz zu erzählen, also
änderte er seine Predigt, idem er eine offensichtlich etwas schwache
Überleitung wählte: "Sankt Vinzenz ass und trank mässig; er war
nicht wie jene Fressäcke von heute, und deshalb werde ich eine
Geschichte erzählen, deren Zeuge ich war..." und er erzählte, wie
sein Herr und vier junge Kameraden einen dicken Aal kochten; er selbst
bediente am Tisch. Das Rezept wird also als Exemplum von der Kanzel
herab verkündigt. Exemplum ist eine bilderreiche, mit Selbsterlebtem
grundierte Erzählung, die ein Priester in seine Predigt einflocht, um
seine Schäfchen zu überzeugen. Nach dem Rezept schildert der Pfarrer
das Menü, um dann mit einem hastigen Redeschluss zu enden, denn Ser
Meoccio ist in Eile, er möchte zu Hause die Vorbereitungen des
Festmahls überwachen. Sechs Priester schlagen sich dem Bauch voll,
berichtet Sermini weiter, während Vinzenz und seine Familie in einer
benachbarten Hütte Bohnen und Kleinkram essen.

Die Geschichte könnte hier enden, aber Sermini ist in Fahrt gekommen.
Die satten Priester verfallen in ekstatische Zustände und stimmen das
Te Deum an. Aufgescheucht durch die Schreie und den Gesang, eilen
Vinzenz und seine Familie herbei. Um den exzessiven Gesang zu
rechtfertigen, erfindet Ser Meoccio die Erscheinung des heiligen
Vinzenz, der ihm überschwenglich für ein Festmahl gedankt habe, von
dem er keinen Bissen abbekommen hatte. Der Pfaffer verbreitet
Wundereffekte mit einem Duft von Heiligkeit, indem er Rosenwasser über
der frommen Familie versprengt.

Wir sind im 15. Jahrhundert, und der Unwille gegen eine korrupte Kirche
steigt. Lodovico Salerni, ein Stadtbürger, klüger als die Bauern,
demaskiert den schlechten Priester: Sermini ist immer unbarmherzig,
sowohl mit Kirchenleuten als auch mit Erdenmenschen. Im Eifer des
Gefechts nimmt Ludovico das Brevier des Pfarrers an sich: "Darin
standen nur Kochrezepte, in denen alle denkbaren Speisen und Leckereien
aufgeführt waren, ausserdem die Art, sie zuzubereiten, die Saucen, zu
denen sie zu essen waren, und die Jahreszeit, wann man sie zu kochen
hatte".

Auf dieses Gebetbuch bezieht sich ganz sicher auch das Rezept zu Ehren
von Sankt Vinzenz, kehren wir nun dahin zurück und überlassen wir Ser
Meoccio seinem traurigen Schicksal, denn er flieht aus Angst vor dem
Inquisitor und dem Bischof, wird von Piraten gefangen und erleidet
Schiffbruch in der Tibermündung; schliesslich findet er als einzige
Anhilfe vor Hunger und Armut die Barmherzigkeit von Lodovico Salerni.

Noch heute wird am Ufer des Trasimenischen Sees der Aal gewöhnlich so
zubereitet. Vorzugsweise sollte er auf einem Barbecü gegart werden,
denn dort ist er leichter zu rösten als in einem Ofen am Spiess. Da
die Orangen des Mittelalters nicht süss waren, wurde hier eine
Mischung aus Zitronen und Orangen genommen. Man könnte aber auch
Orangen oder Mandarinen von nicht veredelten Bäumen verwenden.



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